Bienes Interview

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Biene
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Bienes Interview

Beitrag von Biene »

Was ist passiert?

Ich wurde im Alter von 20 v*rgew*lt*gt.
Jahre später wurde ich auch auf Arbeit zuhause, bzw. meiner Ausbildung zur Hotelfachfrau hier in DE s*xu*ll bel*st*gt.

Wie oft ist es passiert?
Nur das eine Mal. Einmal zu viel.

Zweimal.

Wie lange ist das her?
10,5 Jahren.

Das 1. Mal vor fast 7 Jahren, das 2. vor 4 Jahren diesen Monat.

Gibt/Gab es Zeugen?
Nein.

1. Mal: Mein Chef.
2. Mal; Ja, eine Aushilfe, aber die hat nichts bemerkt.

Mit wem hast du darüber gesprochen?
Mein jetziger Fr*und, der war der erste, der ich mein Martyrium anvertraute, dann meine beste Freundin und im Jahr 2013 meine *ltern und M*nner, mit den ich int*m war. Über die Jahren... als ich nach DE zog, mein Chef (gelernter HoFa wie ich), meine große Chefin, meine Ausbilderin (wegen alles), meine Freundin aus der BS, bzw. damalige Kollegin, zahlreiche Lehrern in der BS, Sozialpädagoge, eine Sozialarbeiterin und mehrere Theras...usw.

War es hilfreich, darüber zu reden?
Bei manchen ja, bei einigen (die M*nner insbesondere) hätte ich es meinetwegen lassen sollen. Man merkt ja, es steckt bei ein Paar M*nner T*tergedanken im Kopf, und das für mich führte oft zum totalen Kontaktabbruch, auch bei Grenzverl*tzung*n.

Meine *ltern haben das natürlich (meine M*ma eher) teils zerstört. Mein V*ter will zwei von den T*tern zur Rechenschaft bringen.

Was hilft dir, dich besser zu fühlen?
Dass ich keine Sch*ld tragen muss.

Gelingt es dir, diese Hilfe auch zu nehmen?
Absolut.

Wie geht es dir heute?
Mir geht es gut, tatsächlich. Nach 10 Jahren fange ich endlich an, mein Leben hinzunehmen, und ich finde meine Leidenschaft an das Leben wieder.

Wie hat sich dein Leben durch die Tat(en) verändert?
Ich habe vieles über Konsens gelernt, was mir mit 20 noch nicht klar war. Mit fast 31 bin ich etwas weiser. Mein K*rper habe ich abgelehnt als Frau, und fing an, mich für die angetane T*ten zu bestr*fen.

Welche Auswirkungen hatten die Taten auf deine Gesundheit?
Ich habe eine PTBS, Verdacht auf Borderlinepersönlichkeitsstörung (meine K*ndhe*t war auch sehr durch M*bbing geprägt, und kurz danach ließen meine *ltern sich scheiden - ich war immer sehr dünnhäutig, deswegen kam mir die ständige Vorw*rfe von meinem T*ter wahr vor) und M*gers*cht (atypisch)

Welche Auswirkungen hatten die Taten auf deine Freundschaften, dein
Verhältnis zu deiner Familie oder deine Beziehung?

Ich habe eher eine engere Freundeskreis, welcher aus 5 Freunde besteht. Mehr nicht. Die Rest sind Bekannte/r.

Meine *ltern verstehe ich besser, aber die wissen ja, dass meine Selbstständigkeit mir wichtig ist.

Wie denkst du heute über die Welt? Wie hatte sich das nach den Taten
verändert?

Ich habe eine bessere Wahrnehmung von mir selbst und andere entwickelt. Ich bin weder böse, noch gut. Jeder Mensch hat seine Neutralität.


Was hat dir Mut gemacht?
Dass ich noch am Leben bin, und mein Leben jetzt genieße.

Was ist dir wichtig im Leben?
Frieden, Herbstlaub und eine Tasse Kaffee am morgens. Hey, ich bin Novemberkind.

Was möchtest du gern noch erreichen?

Ich möchte tatsächlich ab 2022 umschulen, mein Master in Psychologie machen und andere Betroffene wie mich helfen und Mut geben. Ein Paar Katzen wäre auch nicht so verkehrt. Kinder will ich nicht unbedingt haben.

Na gut...aus der Gastro kommt man nie weg, aber ich möchte schon ein erfülltes Leben haben.


Wenn du Therapieerfahrungen gemacht hast, wie ging es dir damit?
Anfangs war ich sehr skeptisch, dennoch könnte ich als Erwachsene meine ganze Geschichte aufarbeiten. Sachen, die ich als Kind so tief begraben habe sind ans Licht gekommen, und ich durfte allein zurückblicken und fragen ,,Wer bin ich geworden und wie hat es zu diesen Umständen geführt?"

Wie hat sich die Aufarbeitung auf dein Leben ausgewirkt?
Ohne meine Therapie hätte ich meine Ausbildung kurz vorm Ende hinschmeißen wollen. Das hätte ich tatsächlich gemacht. Aber meine Therapeutin damals hat mir gezeigt, dass wenn ich so weiter mache, dass ich dieses bereut hätte. Deswegen war die Therapie für mich eine Offenbarung für mein Selbst.

Welches ist dein Lebensmotto?
Leben und leben lassen.

Was sollte sich deiner Meinung nach in der Gesellschaft ändern, damit Opfern besser geholfen ist?
Wir brauchen definitiv geschulte Leuten bei der Polizei, die sich Zeit für *pfer nehmen lassen. Schweigen ist das Schlimmste, und erst recht wenn man/frau Jahre danach alles wieder aufleben muss.


Hast du Anzeige erstattet?
V* : Nein
Bei dem 1. Vorfall habe ich versucht, dennoch wurde es mir gesagt ,,Wir können nichts", obwohl es erst 6 Monate danach war.

Gab es eine Verhandlung?
Nein.

Wie sollte sich das Rechtssystem verändern, damit Opfern besser geholfen wird?
Na gut. ,,Coercive Control" (wie es auf Deutsch heißt weiß ich nicht) ist jetzt seit 2015 in GB Straftat. Ich denke, dass es auch in DE auch sein soll, wenn nicht schon.

Was wünscht du dir von deinen Helfern/ professionellen Helfern?
Ich habe nix zum Meckern. Außer meiner letzten Thera. Die habe ich nicht so toll gefunden...als ich sagte ,,Ja, Leute kommen und gehen", verstehe ich zwar, dass sie mir mitteilen wollte, dass ich jetzt einen M*nn als Thera bekomme, aber für mich geht es prinzipiell um das Vertrauensverhältnis zwischen Patient und Thera. Wenn ich in irgendeiner Weise bekomme, mir wird nur für blöd verkauft, sage ich fortan was. Das habe ich knallhart bei meiner Frauenärztin getan, als sie mich abschreiben wollte. Mach ich problemlos und knallhart.

Ansonsten bin ich erstmal zufrieden.

Was möchtest Du anderen Betroffenen mit auf den Weg geben?
Ihr seid mutig.

Gibt es etwas, das du der Täterin oder dem Täter (auch Mehrzahl) oder auch
den absichtlichen oder unabsichtlichen Helfern der Täter oder Täterinnen sagen
möchtest?

Zum T*ter: Du hast mir weder das Leben noch meiner Seele weggenommen. Du hast nur das genommen, was dir nicht gehört. Und das war nie meine Pflicht.

Zum T*ter 2: Sie werden schon bis zum Ende ihres Tages abwarten müssen, was auf Sie kommt.

Zum Chef: der bekam von mir eine fristlose Kündigung, Monate später, als er meine Arbeitsleistung und meine Person beleidigte.

Zum Täter 3: Wenn deine Tochter sieht, was für einen M*nn ihr V*ter ist, dann hoffe ich, dass sie nicht einen T*ter sieht. Leider ist es so. Du hast die V*terrolle als T*ter und *lkoholiker versagt.

Zur damalige Ausbilderin: Sie wussten genau, was ihren Facharbeiter mich angetan hat. Schön, dass Sie Ihre Kündigung bekommen haben. Haben Sie verdient. Ich bin nicht an allen sch*ld. Sie sind hier der Verbrecher.

Möchtest du, dass andere etwas zu deinem Interview sagen können?

Wenn ihr möchtet :)

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Jaguarin
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Re: Bienes Interview

Beitrag von Jaguarin »

Danke für dein Interview, Biene.
Die menschliche Neutralität macht mich sehr nachdenklich.

Viele Grüße
Jaguarin

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Biene
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Re: Bienes Interview

Beitrag von Biene »

Jaguarin hat geschrieben:
Do Nov 05, 2020 10:25 pm
Die menschliche Neutralität macht mich sehr nachdenklich.
Moin Jaguarin,

Danke für deine Antwort :)

Damit ist eigentlich gemeint, dass ich davor viel in schwarz-weiß gedacht habe, weil ich tatsächlich nicht wusste, wie frau in einer Situation wie meine klarkommt. Es dauerte bis heute, diesen Weg aus diesem Denken zu finden. Ich hinterfrage Situationen, die mich bedr*hen, oder eine Gef*hr darstellen könnte, statt die aus dem Weg zu gehen. Oder ich beobachte still das Verhalten eines Menschen, und stelle dann fest, ob es die richtige Entscheidung für mich ist, mit dem eine B*zieh*ng aufbauen zu müssen.

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Jaguarin
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Re: Bienes Interview

Beitrag von Jaguarin »

Hallo Biene,

mich hat das nachdenklich gemacht, weil ich die Leute sehr schnell
in Schubladen werfe. Gut. Nicht gut.

Wenn ich davon ausgehe, dass gut und nicht gut keine Dauereigenschaft eines
Menschen ist, macht es das ganze eigentlich viel leichter. Auch wenn es das
Kategorie-Denken erst mal erschwert.

Wenn ich davon ausgehe, dass es veränderlich ist. Und dass es vielleicht ein
gutes / nicht gutes Verhalten bzw. Entscheidungen gibt, dann kann ich auch
mit mir selber, aber auch mit den anderen gnädiger sein.

Und das ist mir durch deine Worte mal bewusst geworden. Wie unflexibel
da mein Denken ist und wie es wieder "lockerer" werden kann.

Danke!

Viele Grüße
Jaguarin

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Biene
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Re: Bienes Interview

Beitrag von Biene »

Ich denke, das kann eine Art Sch*tzmechanismus sein, so habe ich damals empfunden. Um zu überleben.

Heute ist einen Typen auf mich zugekommen, sagte, der fand mich attraktiv. Mein Borderline Ich wäre vielleicht darauf gegangen, wenn sie nicht schon in therapeutischer Behandlung gewesen wäre...aber ich habe gelernt, dass es nicht immer so sein soll. Ich habe mittlerweile einen stabilen Fr*und, den ich auch mal aufkläre, wenn mir etwas nichts passt.

Ich finde hier in DE sind ein Paar M*nner aufgeklärter (hier in Sachsen habe ich das so gefunden) wenn es um Grenzen geht. Die sehen eine Frau, die im November mit Leggings und Pullover rumlatscht, und es gibt einige, wobei es optisch täuscht, und als ich mein Pullover runterzog, der eine M*nn ,,Achso". Aber es gibt einige, die T*tergedanken haben, und die erkenne ich mittlerweile. Tatsächlich stelle ich das zur Rede, oder ich lass es sein und lehne höflich ab. Hauptsache wehre ich mich vernünftig. Ich lass meine Kleidung nicht s*xualis*ren. Das hat damals mein T*ter damals gemacht, und dieser B*sitzgedanke kränkte mich so sehr, dass ich so einen H*ss mir ggü entwickelte.

Ich kann nicht pauschalisieren, das weiß ich ja. Aber wenn ein M*nn sich entschuldigt, weil er mich falsch anguckte, das gibt mir schon Hoffnung.

Die Dame in der Kl*nik beschrieb es damals bei der Persönlichkeitsdiagnostik ,,Sie treten immer in Fettnäpfchen, wo es nicht sein soll". War tatsächlich wahr. Entweder habe ich völlig ausgerastet, wenn mir jemanden zu nahe kam, oder ich lehne die wirklich ab. Oder ich gehe zur anderen Extreme und ziehe ich den ran. Kenne ich mittlerweile alles. Und darum ist diese Neutralität so äußerst wichtig für mich zu erkennen, wie ich selber verhalten kann.

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Susi
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Re: Bienes Interview

Beitrag von Susi »

Danke für Dein Interview.

Susi

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Biene
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Re: Bienes Interview

Beitrag von Biene »

Gerne Susi :)

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